Wenn Du in der Schweiz bleiben willst...

«Wenn Du in der Schweiz bleiben willst, dann musst Du krank bleiben!»

Die «Schweizerzeit» im Gespräch mit einem «Krätze-Arzt». Abgeleitet von einem Filmtitel von Michael Moor «Wenn Du gesund bleiben willst, werd’ besser nicht krank!»

Interview mit Dr. Thomas Gutersohn, Zofingen AG

Im Spätherbst letzten Jahres kursierten plötzlich Meldungen, wonach mit den Asylantenströmen «Krätze» als neue Krankheit in unser Land eingeschleppt worden sei.

Thomas Gutersohn kennt das Problem gut und hat im letzten Herbst dazu auch dem «Tages-Anzeiger» ein Interview gegeben. Die «Schweizerzeit» hat sich mit Dr. Gutersohn über medizinische Probleme mit Armutsmigranten und Flüchtlingen unterhalten.

Krätze

«Schweizerzeit»: Was ist Krätze? Wie gefährlich, wie ansteckend ist Krätze?

Dr. Gutersohn: Viele Ankömmlinge aus Nahost und aus Afrika sind von Krätze befallen. Das Krankheitsbild «Krätze» geht aus von unter der Haut lebenden, mit blossem Auge kaum sichtbaren Milben (Sarcobtes scabiei). Die Krankheit führt zu starkem Juckreiz und sekundär durch Kratzen zur Ekzematierung der Haut und Infektionen.

Krätze konnte sich in Europa früher vor allem in Kriegen – etwa in den hygienisch misslichen Verhältnissen in den Schützengräben im Ersten Weltkrieg zusammen mit den Läusen – massiv ausbreiten. Ausgestorben ist die Krätze auch in der Schweiz nie vollständig. Aber in letzter Zeit kam es durch die Migration zu einer massiven Zunahme der Fälle. Die Krankheit kann leicht behandelt werden. Schwierig ist es, wenn ganze Asylunterkünfte betroffen sind. Die Therapie muss gleichzeitig bei allen Personen gemacht werden und verschiedene hygienische Massnahmen (Bettwäsche, Kleider) müssen konsequent ergriffen werden.

Wird Krätze medikamentös bekämpft?

Damit sind wir bereits beim ersten Problem: Es gibt ein wirksames Medikament zum Einnehmen gegen Krätze (Stromectol) und eine Crème (Permethrin 5%). Beide sind in der Schweiz aber nicht zugelassen.

Zunahme der Fälle

Was heisst das?

Es erfolgt ein sogenannter «off-label»-Einsatz. Das hat zur Folge, dass die Krankenkasse nichts an die Behandlung bezahlt. Im Kanton Aargau bezahlt der Kanton seit dem letzten Sommer diese Medikamente. Das ist ein Fortschritt. Problematisch ist, dass der Patient bei einem «off-label»-Einsatz unterschreiben müsste, dass er über sämtliche Nebenwirkungen aufgeklärt wurde, was natürlich nicht möglich ist.

Wenn der Patient nach der Medikamenteneinnahme irgendein medizinisches Problem hat, kann es für den Arzt – in diesem therapeutischen Graubereich – schwierig werden.

Die Krätze nimmt seit sicher fünfzehn Jahren massiv zu. Die Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie (SGDV) hat schon verschiedene erfolglose politische Vorstösse unternommen zwecks Einführung der erwähnten Medikamente. Ich habe bis heute nicht begriffen, wieso das angesichts dieser Epidemie nicht möglich ist.

Eingeschleppte Krankheiten

Werden auch andere Krankheiten eingeschleppt? Gefährlichere?

Man sieht sicher mehr Tropenkrankheiten in ausgeprägterem Ausmass als wir es im Rahmen der normalen Reisemedizin kennen. Das kann für die Ärzte durchaus spannend sein. Meistens kann man auch diese Krankheiten gut behandeln, und die Patienten sind nachher geheilt. Problematischer sind Tuberkulose- und HIV-Infektionen.

Finden beim Grenzübertritt eigentlich keinerlei sanitarische Untersuchungen mehr statt?

Diese wurden vor Jahren abgeschafft. Angesichts der Tuberkulose ist das nicht unproblematisch.

Aids

Es ist allgemein bekannt, dass in Drittwelt-Slums HIV-Infizierungen relativ häufig sind. Werden auch HIV-Ansteckungen neu eingeschleppt?

Aus den Statistiken des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) kann man leicht sehen, dass 50 Prozent der neu erfassten HIV-Patienten Migran-ten sind. Darum ärgert es mich, wenn alle Jahre wieder in den Zeitungen steht, die Schweizer seien wieder weniger vorsichtig geworden; die jährliche «originelle» Aidskampagne richtet sich dann wieder an eine neue schweizerische Zielgruppe. Ein grosser Teil der neuen Fälle geht aus von Diagnosen bei Migranten, nicht von Neuansteckungen. Das ist ein entscheidender Unterschied – und lässt die Kampagnen als ziemlich sinnlos erscheinen.

Was ist zu sagen bezüglich der Behandlung von Infizierten?

In meinen Augen kommen wir hier zum eigentlichen Problem in der medizinischen Versorgung von Migranten: Es resultiert aus den chronischen Krankheiten. Kein Land besitzt ein derart perfekt ausgebautes und für alle Personen zugängliches medizinisches System wie die Schweiz. Das lassen wir uns auch sehr viel Geld kosten. Die medizinische Gleichbehandlung ist auch ein wichtiger Pfeiler unserer Demokratie. Auch wir Ärzte können und wollen keine Unterschiede in der Behandlung von Patienten machen.

Natürlich kann eine HIV-Infizierung, eine Zuckerkrankheit, eine Herzkrankheit (die Liste kann beliebig verlängert werden) in keinem Land gleich gut und auch noch «gratis» behandelt werden wie in der Schweiz. Das kann ich als Arzt und damit Anwalt des Patienten in jedes Zeugnis mit gutem Gewissen schreiben. Daraus resultieren aber zusätzliche «vorläufigen Aufnahmen». Der Migrant gewinnt auf dem «blauen Weg» dreifach: Er kann bleiben, er kann nach kurzer Zeit seine Angehörigen nachziehen und geniesst eine viel bessere medizinische Versorgung als alle seine Landsleute im Heimatland. Da ist das Geld für die Schlepper wirklich sehr gut investiert worden.

Der «blaue Weg» zu Asyl

Sind Ihnen Fälle bekannt, in denen mit medizinischen Begründungen Anspruch auf Asyl angemeldet worden ist?

Statistiken findet man dazu keine. Auch die Gemeinden wissen nicht, wieso jemand vorläufig aufgenommen wurde oder Asyl bekommen hat. Die «Weltwoche» hat in den letzten Monaten aber immer wieder Fälle und Gerichtsurteile publiziert, die diese Problematik betrafen.

Der «Rollstuhl-Iraker» von Schaffhausen (er hat die ihm Aufnahme sichernden Schweizer bekanntlich als «Kandidaten zum Köpfen» bezeichnet. Red.), der aufwändig therapiert wurde, hat mit Sicherheit von seiner Behinderung profitiert. Auch der Äthiopier, der nach Weihnachten in Zürich-Wiedikon mit dem Messer auf die Polizei losgegangen ist; ebenso jener Äthiopier, der ein Flugzeug nach Genf entführt hat. Bei beiden wurden «psychische Probleme» diagnostiziert, was ihnen (und ihren Angehörigen) spätestens nach diesen Taten die medizinische Bleibeschiene weit geöffnet hat.

Das hat auch die Flüchtlingshilfe erkannt. Auf ihrer Homepage wird Asylbewerbern dringend geraten, sofort nach Ankunft alle medizinischen Leiden anzugeben.

Psychische Probleme

Aber man kann sich ja nicht einfach «eine Krankheit zulegen»?

Neuerdings melden sehr viele Migranten psychische Probleme an. Aus der Schweiz habe ich noch keine konkreten Zahlen gesehen. In Deutschland geht die BundesPsychotherapeutenKammer (BPtK, siehe Kasten) davon aus, dass mindestens die Hälfte der Migranten psychiatrische und/oder psychotherapeutische Hilfe brauche. Da in der Schweiz die universitäre Psychiatrie deutsch dominiert ist, wird es hier in die gleiche Richtung gehen. Die Zahlen lassen erkennen, dass da enorme Probleme auf uns zukommen.

Wie soll es weitergehen?

Ich betrachte es als moralischen Grössenwahn, das Gefühl zu verbreiten, wir könnten die ganze Welt medizinisch versorgen. Gerade im Rahmen der Psychiatrie ist es irgendwie anmassend, davon auszugehen, dass nur ein westliches Psychiatrie-«Setting» den Migranten helfen könne. Das bringt unser medizinisches System unweigerlich zum Kollabieren. Dann haben wir die aus linken Kreisen immer wieder kritisierte Zweiklassenmedizin.

Auch ist es stossend unfair gegenüber all den Millionen kranken Menschen, die nie die finanziellen Möglichkeiten hatten, illegal in die Schweiz einzureisen, sich hier medizinisch behandeln zu lassen und im hiesigen Sozialsystem sorgenfrei zu leben. Ich betrachte es als weit sozialer, Projekte wie die Spitäler von Beat Richner in Kambodscha zu unterstützen, von denen auch Arme, Frauen und Kinder profitieren.

Meine Meinung ist, dass jede Person, welche die Voraussetzungen für die Asylgewährung erfüllt, sämtliche medizinischen Leistungen bekommen soll, so wie alle Bewohner unseres Landes. Andererseits darf aber ein chronisches medizinisches Leiden bei einem abgewiesenen Asylbewerber nicht zu einer vorläufigen Aufnahme führen. Klar wäre das nett und schön – wenn wir die daraus resultierenden Folgen auch noch bezahlen könnten. Aber die weltweite Sogwirkung solcher «Übernächsten-Liebe auf Kosten des Nächsten» ist schon heute verheerend und wird mit jedem weiteren Tag noch verheerender.

Herzlichen Dank für dieses Gespräch.


Das Interview führte Ulrich Schlüer.

Die blinde Mutter
Ein weiterer Arzt, der nicht namentlich genannt werden will, hat der «Schweizerzeit»-Redaktion kürzlich folgenden Fall geschildert:

Ein Ankömmling aus Eritrea meldete sich als Patient. Genau konnte er die Symptome seiner Krankheit nicht beschreiben, er fühlte sich einfach krank. Der Eritreer, illegal in die Schweiz eingereist, war Analphabet. Er verhielt sich durchaus liebenswert. Die Verständigung mit ihm war aus sprachlichen Gründen aber sehr schwierig. Eine Krankheit konnte der Arzt an ihm nicht feststellen.

Eines Tages sei er in Begleitung einer Frau, seiner Mutter erschienen. Er habe, gab er auf Fragen an, jenem Schlepper, der seinerzeit ihn selbst in die Schweiz eingeschleust hatte, noch einmal einen grösseren Dollar-Betrag bezahlt. Darauf habe dieser die Übersiedlung der Mutter in die Schweiz bewerkstelligt – auf offensichtlich illegalem Weg.

Die gut fünfzigjährige Frau war blind. Der Arzt, kein Augenarzt, vermutete rasch einen komplizierten Fall. Dies wurde ihm seitens der Augenklinik, in welche er die Frau einweisen liess, umgehend bestätigt: Die Erblindung sei als Folge einer auch in Afrika nur sehr selten vorkommenden Tropenkrankheit eingetreten. Schon heute sei klar: Diesem Fall dürfte von Schweizer Medizinern höchste Aufmerksamkeit zuteilwerden, er dürfte sich als «medizinisch äusserst interessant» erweisen.

Für den Steuerzahler dürfte er sich als entsprechend kostspielig herausstellen.

Ulrich Schlüer

Arbeitsbeschaffung oder Problembewältigung?

Deutsche «Pionierleistungen»

Im September 2015 hat die in Berlin domizilierte BundesPsychotherapeutenKammer (BPtK) in einem Standpunkt-Papier unter dem Titel «Psychische Erkrankungen bei Flüchtlingen» zur Asylbewerber-Entwicklung in Deutschland Stellung genommen. Wir zitieren einzelne Sätze aus diesem 25 Seiten umfassenden Papier:

«Im Jahr 2014 suchten mehr als 200000 Menschen Asyl in Deutschland. Nach neuesten Prognosen rechnet die Bundesregierung bis zum Ende dieses Jahres mit bis zu 800000 weiteren Flüchtlingen (tatsächlich waren es dann über eine Million, Red.). … Sie benötigen dringend professionelle Hilfe.»

«2014 haben mehr als 200000 Menschen Asyl in Deutschland gesucht. Mindestens die Hälfte davon, das heisst rund 100000 Flüchtlinge sind psychisch krank.»

«Psychische Erkrankungen sind akut behandlungsbedürftig.»

«Bei traumatisierten Flüchtlingen ist Psychotherapie die bevorzugte Behandlungsmethode.»

«Die häufigsten traumatischen Erfahrungen bei erwachsenen Flüchtlingen in Deutschland sind Studienbefunden zufolge, Gewalt gegenüber anderen miterlebt zu haben, Leichen gesehen zu haben, Opfer von Gewalt geworden zu sein, gefoltert worden zu sein.»

«Besonders schutzbedürftig sind entsprechend der EU-Aufnahmerichtlinie auch unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. … Schätzungen zufolge gab es 2014 in Deutschland über 10 000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Diese Kinder und Jugendlichen sind häufig schwer traumatisiert. … Sie benötigen besondere Begleitung und professionelle Unterstützung.»

Jeder Asylbewerber, könnte man aus diesem Standpunkt-Papier der organisierten Psychotherapeuten schliessen, soll demnach nicht bloss einen Gratis-Anwalt, sondern auch noch einen Gratis-Psychiater erhalten. Alles auf Kosten der Steuerzahler.

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Dr. Ulrich Schlüer - info@schluer.ch