Alarm!

Die Schweizer Landesgrenze ist ungeschützt

Der freisinnige Gemeindepräsident von Oberriet, Rolf Huber, liess zur Lage an der Landesgrenze allen eidgenössischen und kantonalen Verantwortungsträgern seiner Region einen eigentlichen Alarmbrief zukommen.

Interview mit Gemeindepräsident Rolf Huber (FDP), Oberriet SG

Die «Schweizerzeit» hat mit Gemeindepräsident Rolf Huber gesprochen.

Löchrige Grenze

Schweizerzeit: Herr Huber, warum dieser Alarmbrief?

Rolf Huber: Die Landesgrenze ist voller Löcher. Und der Ansturm echter und behaupteter Flüchtlinge nimmt zu. Zollämter sind nur zeitweise besetzt. Das Grenzwacht-Personal ist derart absorbiert durch Flüchtlings-Registrierung, dass an Massnahmen gegen ebenfalls ins Land drängende Kriminelle nicht mehr zu denken ist: Ein Eldorado für Banden- und Drogenkriminalität!

Warum verschärft sich die Lage?

Österreich hat seine Grenze geschlossen. Auch Frankreichs Grenze zu Italien ist zu. Die Balkanroute ist blockiert. Einzig die Südgrenze der Schweiz ist noch offen als Tor nach Nordeuropa.

Aber Oberriet liegt ja gar nicht an der Südgrenze?

Das trifft zu. Aber dann, wenn es an der Südgrenze richtig losgeht, muss Personal von hier abgezogen werden – zur Verstärkung im Süden. Dann haben wir einfach überall Löcher. Die Vorstellung, man könne bei einem Massenansturm noch abklären, wer Flüchtling ist und wer nicht, ist ganz einfach naiv. Die offene Grenze der Schweiz ist für alle, die nach Nordeuropa gelangen wollen, ein Magnet. Auf diese Tatsache müssen sich die Verantwortlichen endlich einstellen.

Hat Ihr Alarmruf etwas bewirkt?

Immerhin kommt es zu einem Hearing, wo sich der Chef des Grenzwachtkorps und der Polizeikommandant den Fragen hiesiger Nationalräte und Gemeindepräsidenten stellen. Das ist ein Anfang. Diskussion allein genügt aber nicht.

Wenn im zu erwartenden Massenansturm Kriminalität über faktisch ungesicherte Grenzen eingeschleust wird, dann trifft dies das ganze Land. Die organisierte Kriminalität und auch alle Schlepper wissen, dass die Schweizer Grenze offen ist. Die werden kommen!

Wie wirkt Schengen-Recht?

Unsere Nachbarländer sind doch, genau wie die Schweiz, dem Schengen-Vertrag angeschlossen. Hat das keine Wirkung?

Schengen ist Makulatur! Kein EU-Land nimmt seine Schengen-Verpflichtungen heute noch wahr. Auch die EU-Staaten sind allein darauf aus, eintreffende Migrantenströme möglichst rasch durchs eigene Land ins Nachbarland zu schleusen. Dies erst recht, wenn das Nachbarland seine Grenzen – wie die Schweiz heute noch – offen hält.

Der Handlungsbedarf

Was müsste also geschehen?

Das Grenzwachtkorps muss massiv verstärkt werden. Die Sicherheitsaufgaben an der Grenze – Schutz der Schweiz vor eindringender Kriminalität – müssen umfassend wahrgenommen werden.

Wie soll die Schweiz an der Grenze handeln, wenn tatsächlich Ströme von Einwanderern ankommen?

Österreich hat gezeigt, wie wirkungsvoll gehandelt werden kann: Es hat unmissverständlich klargemacht, wie viele Grenzübertritte pro Tag akzeptiert werden. Ist diese Zahl erreicht, wird die Grenze geschlossen. Hohe Armee-Präsenz garantiert den Respekt vor dieser Anordnung.

Zusätzlich muss sich die Schweiz auf internationaler Ebene mit allem Nachdruck dafür einsetzen, dass Kriegsflüchtlinge – also Menschen, die dem Krieg, der ihr Land heimsucht, ausgewichen sind – in vom Uno-Flüchtlingswerk UNHCR oder vom IKRK betreuten, gut geführten und ausgerüsteten Lagern mit menschenwürdigen Unterkünften in der Region ihres Herkommens Aufnahme finden. Damit sie von dort in ihre Heimat zurückkehren können, wenn sich die Lage beruhigt hat.

Was muss Bern unternehmen?

Bern behauptet, die Stimme des Kleinstaates Schweiz könne kaum Entscheidendes bewirken.

Bern täuscht sich. Die Schweiz ist ein angesehenes Land. Dank ihrer Neutralität weiss jeder, dass sie keine Machtgelüste hegt. Gerade diese Tatsache verschafft ihr hohes Ansehen. Wenn die Schweiz ihr Gewicht als geordneter, die Menschlichkeit achtender, auf jegliche Machtpolitik verzichtender Staat gebührend in die Waagschale wirft, dann kann sie grosse Wirkung erzielen. Wenn Bundesräte das Gegenteil behaupten, dann beweisen sie nur, dass es ihnen an Mut und Zivilcourage fehlt.

Welche Aufgabe hat Bern gegenüber der eigenen Bevölkerung zu erfüllen?

Bundesbern muss der eigenen Bevölkerung gegenüber klar zum Ausdruck bringen, dass in Wahrheit eine Völkerwanderung im Gang ist, die für unser Land in erster Linie Sicherheitsprobleme stellt. Unsere Bevölkerung hat Anspruch auf Sicherheit. Dieser Anspruch ist zu erfüllen. Die Menschenwürde wird nur dort geachtet, wo die Sicherheit der Bevölkerung gewährleistet ist. Diese Einsicht muss – im Konsens getragen von allen wesentlichen politischen Kräften im Land – unsere Flüchtlingspolitik bestimmen.

Man muss sich dabei bewusst sein: Diejenigen, die um wirtschaftlicher Vorteile willen kommen, sind weder bedroht noch arm. Es sind diejenigen, die für tausende Dollars Schlepper bezahlen, auf dass diese sie in Europa einschleusen. Da ist Mitleid fehl am Platz.

Das Interview führte Ulrich Schlüer.

Dr. Ulrich Schlüer - info@schluer.ch